Er kann auf eine erfolgreiche Saison in der 2. Basketball-Bundesliga blicken. Und das nicht nur, weil der Kampf um die Playoff-Plätze eng und spannend wie nie ist. Für Daniel Müller, Geschäftsführer der 2. Basketball-Bundesliga, ist die Saison mit flächendeckendem Live-Stream und mit der Barmer als neuem Namenssponsor auch strukturell eine Herausforderung gewesen. Wir haben mit ihm über die neuen Entwicklungen gesprochen.
Herr Müller, Der Kampf um die Playoff-Plätze ist unglaublich knapp und spannend. Auch am unteren Ende der Tabelle geht es eng zu. Schaut man als Geschäftsführer der 2. Basketball-Bundesliga die Spiele in so einem Falle doppelt so gerne?
Daniel Müller: Total. Für uns ist es sicher wichtig, dass im Wettbewerb die Spannung hoch ist. Es ist gut für die Liga, wenn sich niemand zurück lehnen kann und die Intensität bis zum Schluss vorhanden ist. Diese Saison gibt es sehr viele mögliche Varianten. Da mussten die Fans und wir auch schon das ein oder andere Mal unseren Tabellenrechner auf der Homepage der 2. Basketball-Bundesliga bemühen. Im Kampf um die Playoffs ist von Dreier- bis Siebenervergleich alles drin. Und auch der Abstiegskampf ist noch nicht entschieden.
Das ist auch das, was unser Coach Marco van den Berg gerne betont. Dass sich die Mannschaften und die ProA insgesamt enorm entwickelt und verstärkt haben. Hat er Recht?
Ich habe mich mit ihm da auch das ein oder andere Mal ausgetauscht und er lobt mich immer dafür, auch wenn ich natürlich am wenigsten zur Qualität der Mannschaften beitrage. Aber er hat schon Recht, auch wenn Crailsheim und Vechta in der Saison recht souverän die Hauptrunde meistern. Aber im letzten Jahr hat man gesehen, dass das in den Playoffs keine Garantie dafür ist, weiterzukommen. Trier ist auch ein gutes Beispiel. Wenn es in Richtung Playoffs geht, dann ist das Team meist auf dem Leistungszenit. Ich kann ihm da also wirklich nur zustimmen.
Nicht nur bei den Teams hat sich einiges getan. Auch die 2. Basketball-Bundesliga hat sich strukturell entwickelt und wird mit der BARMER ab sofort einen Namenssponsor und engen Partner haben. Würden Sie sagen, dass die Zusammenarbeit Ausdruck der eben besprochenen Stärke der ProA ist? Und wie bringt diese Partnerschaft die Liga weiter?
Sicherlich hat die Entwicklung der 2. Basketball-Bundesliga dazu beigetragen, dass die BARMER sich entschieden hat, als Partner in so einem Rahmen aktiv zu werden. Das liegt aber auch an dem Bekenntnis der gesamten Liga zu den Standards, die wir vor zwei Jahren beschlossen haben und die eine kontinuierliche Weiterentwicklung mit sich bringen. Einen Namenssponsor gab es so bislang auch noch nicht und gibt es auch in keiner anderen 2. Liga in Deutschland sportartenübergreifend. Das muss man auch mal betonen. Was wir jetzt schauen müssen, ist, wie die Partnerschaft die BARMER und uns gemeinsam weiter bringt. Natürlich ist das ein Sponsoring. Es wird auch Geld fließen. Das hilft sicher bei der Entwicklung. Aber entscheidend wird sein, wie beide Parteien die Partnerschaft nutzen. Wie können die Clubs regional davon profitieren? Ein interessantes Feld sind zum Beispiel die über neun Millionen Versicherten der BARMER deutschlandweit. Das ist ein großer Vorteil für die 40 Clubs in ProA und ProB.
Seit dieser Saison werden alle Spiele in Zusammenarbeit mit den Clubs und dem Livestream-Partner airtango im Internet übertragen. Wie sehen Sie diese Entwicklung und können Sie bereits ein Fazit zur ersten Spielzeit ziehen?
Grundsätzlich ist es nach wie vor die absolut richtige Entscheidung gewesen, das Projekt in dem Konstrukt zusammen mit airtango umzusetzen. Dazu will ich betonen, dass die Clubs die gesamte Produktion verantworten und airtango, die Plattform und gemeinsam mit der Liga, Equipment zur Verfügung stellt. Ohne die Unterstützung der Clubs läuft da nichts. Das ist auch der entscheidende Unterschied zu den Produktionen in der ersten Liga, wo das Ganze von professionellen Teams übertragen wird. Zwischen Telekom Sport und dem, was wir auf die Beine stellen, liegen, was den Invest betrifft, Welten. Das muss uns bewusst sein. Unser Anspruch war es, den Stream auf bestmöglichem, aber, vor allem finanziell, vertretbarem Level anzubieten. Dies ist uns am Anfang nicht so gut gelungen, da hatten wir Anlaufschwierigkeiten. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo wir sagen, es läuft. Aber natürlich gibt es immer noch Dinge, an denen wir in der Sommerpause arbeiten. Es geht um technische Themen, um Marketingaspekte, aber auch um Fragen des User-Komforts. Da werden wir mit allen Beteiligten ein Resümee ziehen. Was uns aber bewusst sein musste, ist, dass das nicht von heute auf morgen perfekt umgesetzt werden konnte. Wir haben aber trotzdem gehofft, dass es etwas besser gelingt als zu Saisonbeginn. Aber ich bin jemand, der dann trotzdem weiter anpackt und weiter macht. Wo wir auch Aufmerksamkeit drauf lenken müssen ist, dass airtango nicht nur als Livestream-Plattform, sondern auch als Video-Plattform dient. Da gehen die Kollegen aus Trier mit viel Content mit gutem Beispiel voran.
Über welche Entwicklungen bei den Vereinen darüber hinaus haben Sie sich in dieser Saison gefreut?
Was oft im Hintergrund abläuft, aber für die ProA extrem wichtig und auffallend ist, ist, dass sich die Clubs noch mehr mit Themen wie Vermarktung/Marketing und dem Nachwuchs beschäftigen. Auf diese Dinge wird sehr viel Wert gelegt. Wir haben in diesen Bereichen Hauptamtlichkeit geschaffen. Und das merkt man schon deutlich, auch in der Qualität. Wenn wir mehrere hauptamtliche Nachwuchstrainer haben, dann kann ich als Verein deutlich mehr tun, konzeptionell und auf dem Court. Es zeichnet uns aus, dass wir jetzt schon und auch in den nächsten zwei Jahren diese Bemühungen noch verstärken werden.
Die ProA hat mit Livestream und Namingright zwei wichtige Projekte in dieser Saison angestoßen. Alles in allem könnte man somit doch eigentlich als Geschäftsführer der 2. Basketball-Bundesliga sehr zufrieden sein. Oder gibt es Bereiche in denen Sie kurzfristig noch Entwicklungs- und Handlungsbedarf sehen?
Genau in den beiden Bereichen, glaube ich. Langweilig ist uns derzeit definitiv nicht (lacht). Wir sind ja auch noch kein so großes Team in der Geschäftsstelle in Köln und grade diese Ballung der verschiedenen Themen: Entwicklung und Umsetzung von Standards. Entwicklung und Umsetzung von Livestream und jetzt das Namingright, das wir erfreulicherweise abschließen konnten. Das bringt ganz schön viel operative Arbeit mit sich. Genauso ist gerade bei diesen beiden Themen noch viel Potential vorhanden. Das wollen wir mit Leben füllen. Wenn wir uns nächstes Jahr unterhalten, dann wollen wir über weitere Schritte sprechen, die unternommen wurden, um diese Dinge zu verbessern. Dort wollen wir uns kurzfristig und mittelfristig besser aufstellen. Ebenso übrigens im Bereich Digitalisierung, auch von Lizensierungen zum Beispiel. Auch eine der Kernaufgaben der GmbH ist es, Vereine bei Gesprächen mit Kommunen zu unterstützen, wenn es zum Beispiel um Hallen geht. In all diesen Bereichen haben wir gut zu tun. Und wir wollen diese vier oder fünf Kernaufgaben in bestmöglicher Qualität umsetzen.
Wo Chancen sind, sind auch immer Herausforderungen. Gerade langfristiger Natur. Welchen Stellenwert hat die ProA eigentlich?
Im Zweifel muss die Liga zwei Aufgaben übernehmen. Zum Einen soll sie natürlich „Zulieferer“ für die BBL sein. Wir müssen uns ein stückweit an der BBL orientieren, dafür muss auch gewünscht sein, dass es einen sportlichen Auf- und Abstieg gibt. Die Clubs müssen drauf vorbereitet, aber nicht überfordert werden, zum Beispiel was das Thema Standards betrifft. Aber Nichtsdestotrotz dürfen wir nicht nur an die Clubs denken, die perspektivisch einmal 1. Liga spielen wollen, sondern wir müssen auch einen attraktiven Wettbewerb für die Clubs bieten, für die es vielleicht sogar gar nicht möglich ist aufzusteigen. Die Identität der 2. Basketball-Bundesliga ist sicher ein Stück weit Zulieferwettbewerb. Das kann man ohne Abwertung sagen, weil es ohne Zweifel funktioniert, dass wir Teams, Spieler und Trainer in die BBL bringen. Damit erfüllen wir einen wichtigen Zweck. Parallel dazu wollen wir den Sport regional so attraktiv wie möglich gestalten. Das ist der zweite Teil unserer Aufgabe. Wie können wir uns als Liga oder die Clubs sich selbst, abheben gegenüber anderen Events vor Ort? Das wird eine zentrale Frage sein.
In dem Zusammenhang war es interessant zu sehen, dass im Zuge der Debatte rund um Herkunft, Homegrown- und Local Player-Regelungen auch die Frage gestellt wurde, wie die 2. Basketball-Bundesliga auch in Bezug auf Nachwuchsförderung von deutschen Basketballspielern gesehen wird. Oder?
Ja total. Das ist eine elementare Aufgabe per Definition unseres Unternehmens. Wir wollen Spieler für die Nationalmannschaft entwickeln. Das ist sicher nicht das alleinige Ziel, weil die Clubs auch Spieler entwickeln wollen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Und das funktioniert nicht nur mit Spielern, die ich jedes Jahr irgendwoher hole. Sondern ich brauche Identifikation. Wir wollen Local Hereos entwickeln. Junge Spieler sollen eine Funktion haben. Zwar muss jeder schauen, wo seine entsprechende Nische ist. Aber man darf das nicht vernachlässigen. Mittelfristig wird es ohne Identifikation nicht funktionieren. Und das ist auch Aufgabe des Profisports. Zu schauen, dass man Nachschub bekommt. Aus eigenen Reihen aber auch aus den Reihen der Konkurrenz. Das gehört auch dazu. Jeder Club, der sich als Proficlub versteht, muss anspruchsvolle Nachwuchsarbeit als Verantwortung übernehmen. Im Nebeneffekt ist das auch ein Marketinginstrument. Wenn ich viele Kids in Trier habe, die Basketball spielen, steigert das die Möglichkeit, dass jemand dabei ist, der viel Talent hat. Gleichermaßen steigert das aber auch die Möglichkeit, dass davon später jemand eine Dauerkarte kauft und dem Basketball verbunden bleibt, selbst wenn er oder sie es sportlich nicht in die ProA schafft.
Eine Frage muss natürlich am Ende des Interviews gestellt werden: Wer wird denn ProA-Meister in der Saison 2017/2018? J
(lacht). „Der Beste möge gewinnen“, finde ich ja ziemlich lahm als Antwort. Aber ich kann kaum etwas anderes sagen. Es gibt sicher Teams, die eher favorisiert sind als andere, grade Vechta und Crailsheim, die in der Hauptrunde sehr souverän waren. Aber es gibt auch Teams, denen ich eine sportlich gute Entwicklung zutraue. Den RÖMERSTROM Gladiators Trier zum Beispiel, bei denen ich weiß, dass der Coach die Jungs grade zu den Playoffs so einstellt, dass sie richtig Gas geben. Auch in Köln arbeitet mit Dennis Wucherer ein Coach, der weiß, wie man in den Playoffs gut performt. Oder Karlsruhe, die als Aufsteiger beachtlich gut spielen. Sie sind drei Jahre hintereinander aufgestiegen, das muss man sich mal vorstellen. Und auch die MLP Academics Heidelberg, die Jahr für Jahr ein Schippchen in der Entwicklung draufgelegt haben. Alle Teams, die in die Playoffs kommen, sind unangenehm zu spielen und es wird von der Tagesform und vom Nervenkostüm abhängig sein, wer weiter kommt. Eine glasklare Antwort kann ich Ihnen also nicht geben.
Herr Müller, vielen Dank für das Gespräch.